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Vegetarische Ersatzprodukte aus regionalen Rohstoffen

Foto: DIL

Vegetarische Würstchen, vegetarische Streichwurst oder Veggie-Burger gibt es heute in jedem Supermarkt. Grundlagen-forschung hierfür betreibt das DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V. in Quakenbrück – zu regional verfügbaren Rohstoffen und zusammen auch mit hiesigen Food-Unternehmen.

„Es muss schmecken und es muss bezahlbar sein.“ Auf diese „einfache“ Formel bringt Dr. Volker Lammers die Ansprüche an die pflanzlichen Fleischersatzprodukte. Der promovierte Lebensmitteltechnologe leitet am DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V. die Abteilung der Verfahrenstechnik.

Für Dr. Volker Lammers sind die pflanzlichen Fleischersatzprodukte wichtiger Forschungsbereich. Foto: DIL

Grundlagenforschung in Quakenbrück

Für ihn und seine neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht die Entwicklung von pflanz-lichen Fleischersatzprodukten im Zentrum der Forschungsaktivitäten. Dabei geht es sowohl um Grundlagenforschung in enger Zusammenarbeit mit anderen Forschungs-instituten und Universitäten als auch um direkte Innovationsprojekte mit Unternehmen der Ernährungsbranche. Welche hiesigen Rohstoffe eignen sich? Mit welchen Technologien können sie verarbeitet werden, um möglichst „fleischähnlich“ zu werden? Wie kann das mit möglichst wenig Zusatzstoffen erreicht werden? Das sind einige der Fragen, die
Dr. Volker Lammers und sein Team beschäftigen.

Zum Hintergrund: Viele Studien und Forscher empfehlen, dass pflanzliche Kost einen höheren Anteil in der menschlichen Ernährung haben sollte – sowohl aus gesundheit-lichen Aspekten als auch aus Gründen der Nachhaltigkeit. In Deutschland lag die Anzahl an Menschen, die sich selbst als Vegetarier bezeichnen oder die weitgehend auf Fleisch verzichten, im Jahr 2023 bei 8,1 Mio., das entspricht einem Anteil von etwa 11,6 Prozent. Der Anteil an Menschen, die sich als Veganer bezeichnen, lag bei 1,52 Mio. (Quelle: Statista).

Foto: DIL
Um schmackhafte Fleischalternativen zu schaffen, werden neuartige Technologien eingsetzt, sehr wichtig ist eine hohe sensorische Qualität. Foto: DIL

Schon breite Produktpalette im Markt

Bei den vegetarischen Ersatzprodukten gibt es auf dem Markt heute bereits eine breite Produktpalette. Aus dem Lebensmittelhandel sind sie nicht mehr wegzudenken – und nehmen dort inzwischen eine Menge Platz im Kühlregal oder der Tiefkühltruhe ein. „Und es ist ein weiter wachsender Markt“, sagt Dr. Volker Lammers. Im Jahr 2022 produzierten Unternehmen in Deutschland 104.300 Tonnen Fleischersatzprodukte. Das waren im Vergleich
zum Vorjahr 6,5 Prozent mehr, im Vergleich zum Jahr 2019 sogar 72,7 Prozent mehr. Der Wert dieser Produkte lag 2022 bei 537 Mio. Euro. Trotz des Anstiegs über die vergangenen Jahre ist das im Vergleich zum Wert der Fleischprodukte verhältnismäßig gering. Im Jahr 2022 betrug der Wert von in Deutschland produziertem Fleisch und Fleischerzeugnissen 42,4 Mrd. Euro – und damit knapp das 80-fache des Wertes der Fleischersatzprodukte. (Quelle: Statistisches Bundesamt).

„Wertschöpfungsketten werden sich hier aufbauen, so wie es beim Fleisch auch war.“

Auch Thema bei Fleischverarbeitern

Mit der Herstellung der Fleischersatzprodukte befassen sich neben vielen Start-ups auch die großen Fleischverarbeiter. Die Rügenwalder Mühle mit Sitz im niedersächsischen Bad Zwischenahn ist beispielsweise mit 79 Prozent Bekanntheitsgrad auch die bekannteste Marke für Fleischersatzprodukte in
Deutschland (Quelle: Statista).

Für Dr. Volker Lammers ist es nur logisch, dass sich die großen Fleischverarbeiter mit den Alternativen befassen. Seines Erachtens geht es nicht nur darum, die geringer werdenden Verkaufsmengen von Fleisch oder Fleischwaren zu kompensieren: „Die Unternehmen haben die Maschinen, die Technologie und das Know-how, Fleisch zu verarbeiten. Das alles kann genauso genutzt werden, vegetarische Rohstoffe zu verarbeiten. Mit einer Patty-Presse kann man Pattys aus Rindfleisch formen oder eben aus Erbsen. Oder das Panieren geht beim ‚echten‘ Chicken-Nugget genauso wie beim vegetarischen Ersatz.“

Eine große Herausforderung bei pflanzlichem Fleischersatz ist die Textur des Originals zu erreichen. Foto: DIL

Viele verschiedene Rohstoffe im Test

Ein wichtiger Ansatz bei der Entwicklung der vegetarischen Ersatzprodukte ist, dass sie aus nachhaltigen, möglichst regional verfügbaren Rohstoffen hergestellt werden sollen. Getestet werden am DIL Ackerbohnen, Erbsen, Weizen oder Lupinen. Aber auch Neben-/Restprodukte aus dem Lebens-mittelbereich kommen zum Einsatz wie Biertreber oder Sonnenblumen-/Rapspresskuchen (Letztere aus der Ölproduktion).

Worin liegt die Herausforderung bei der Herstellung? Dr. Volker Lammers nennt als Erstes die Textur: „Das Alternativprodukt soll zum Beispiel bei vege-tarischen Chicken Nuggets eine Textur haben, die mit Hähnchenfleisch vergleichbar ist“. Bei Burger-Patties oder Hackfleisch-Ersatz ist das nicht so kom-pliziert, sagt er, und: Hähnchenfleisch lasse sich einfacher „nachmachen“ als etwa ein Rinderfilet. In den vergangenen zehn Jahren habe sich da sehr viel getan, gerade was die Texturangehe.

„Vegetarische Ersatzprodukte sollen möglichst aus regionalen Rohstoffen hergestellt werden.“

Vegetarische Chicken Nuggets können genauso paniert werden wie das Original. Foto: DIL

Möglichst regional und wenig Zusatzstoffe

„Als Kritik an vegetarischen Ersatzprodukten hört man oft, dass sie zu viele Zusatzstoffe enthalten. Unser Anspruch ist, dass die Produkte möglichst naturbelassen sein sollen und so wenig Zusatzstoffe wie möglich zugesetzt werden“, nennt der Wissenschaftler einen weiteren wichtigen Aspekt.

Zudem müssen, wie anfangs erwähnt, Geschmack und Preis stimmen: „Aus der Zusammenarbeit mit den Unternehmen wissen wir, dass Preisparität ein Ziel ist, sprich, die Ersatzprodukte sollen nicht teurer sein als die Originale.“ Sonst scheinen Verbraucherakzeptanz und Kaufbereitschaft nicht gegeben.

 

Worin liegt die Herausforderung bei der Herstellung? Dr. Volker Lammers nennt als Erstes die Textur: „Das Alternativprodukt soll zum Beispiel bei vege-tarischen Chicken Nuggets eine Textur haben, die mit Hähnchenfleisch vergleichbar ist“. Bei Burger-Patties oder Hackfleisch-Ersatz ist das nicht so kom-pliziert, sagt er, und: Hähnchenfleisch lasse sich einfacher „nachmachen“ als etwa ein Rinderfilet. In den vergangenen zehn Jahren habe sich da sehr viel getan, gerade was die Texturangehe.

„Nordzucker bietet seinen Landwirten Verträge für den Erbsen-Anbau an“.

Unternehmen der Region aktiv

Für die hiesige Landwirtschaft können sich seines Erachtens neue Einkommensquellen aus den vegetarischen Produkten ergeben: „Regionale Herkunft spielt bei den Rohstoffen, wie gesagt, eine wichtige Rolle. Deutsche Pflanzenzuchtunternehmen befassen sich heute damit, zum Beispiel eine gelbe Erbse zu züchten, die höher im Rohproteingehalt ist und sich damit gut für Fleischalternativen eignen.“

Die niedersächsische Emsland Group bietet beispielsweise als Bindemittel für pflanzliche Fleischersatzprodukte neben Kartoffelstärke auch Erbsenstärke an. Zudem hat das Unter-nehmen eine Reihe von funktionellen Erbsenproteinen als Grundlage für den Fleischersatz entwickelt. Nordzucker zum Beispiel bietet den Landwirten heute Verträge für den Anbau von Erbsen an. 

Hackfleisch gehört zu den beliebtesten Fleischproduktn, auf dem Markt gibt es schon viel vegetarischen Ersatz. Foto: DIL

Beim Zuckerhersteller aus Braunschweig ist dafür eine eigene Erstverarbeitung in Bau, die der Lebensmittelindustrie künftig ebenfalls den Grundstoff für vegetarische Produkte liefern wird.

„Es bleibt spannend, was sich in diesem Bereich tut, Wertschöpfungsketten werden sich hier aufbauen, so wie es beim Fleisch auch war“, sagt Dr. Volker Lammers.