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„Digitalisierung und KI helfen, Dünger effektiv einzusetzen“

Landwirt Benedikt Herold wünscht sich mehr Möglichkeiten des Datenaustauschs, um seine vielen Dokumentationspflichten im Betrieb einfacher erfüllen zu können. Foto: Herold

Benedikt Herold gehört zu den zehn Prozent deutscher Land-wirte, die bereits Künstliche Intelligenz (KI) auf ihrem Betrieb einsetzen. Zur Anwendung kommt sie bei ihm bei der Düngung – dabei setzt er aber auch auf weitere digitale Helfer.

Mithilfe der EasyCheck“- Prüfmatten kann einfach und schnell überprüft werden, ob der Dünger gleichmäßig verteilt wird. Fotos: Amazone

„Künstliche Intelligenz ist auf dem Hof angekommen“ – so lautete die Überschrift einer Meldung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, DLG, vom Juni diesen Jahres. Darin geht es um eine Studie zur Digitalisierung der Landwirtschaft. Laut der Studie beschäftigt sich fast jeder zweite Betrieb hier-zulande mit den Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz. Jeder zehnte Betrieb verwendet sie bereits konkret, weitere 38 Prozent planen oder diskutieren das.  

Generell sieht laut DLG eine große Mehrheit (79 Prozent) der Landwirtinnen und Landwirte die Digitalisierung als Chance für ihren Betrieb. Sie setzen darauf, dass digitale Lösungen die landwirtschaftliche Produktion gleichzeitig nachhaltiger und effizienter gestalten können, dass sie dadurch umwelt-schonender werden kann. An erster Stelle nennen die Landwirte, dass digitale Technologien helfen, Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Ressour-cen einzusparen, bzw. präziser einzusetzen.

Auch KI schon auf dem Betrieb im Einsatz

Wo versteckt sich bei Landwirt Benedikt Herold die KI, wenn er seine Flächen düngt? Der 63-jährige Westfale lacht: „Das ist eine Neuentwicklung meines Düngerstreuerherstellers Amazone aus dem vergangenen Jahr.“ Herold nutzt schon seit längerem das „EasyCheck“-System zur Kontrolle der Verteilgenauigkeit beim Düngen: „Mineraldünger ist ein teures Betriebsmittel geworden, und insbesondere auf die Querverteilung kommt es an. Mit ‚EasyCheck‘ sind wir in der Lage, die Verteilung schnell und vor allem praxistauglich zu prüfen“.

„EasyCheck“ besteht aus 16 leichten Prüfmatten aus Gummi mit Noppen. Diese werden nach einem vorgegebenen Muster auf der Fläche verteilt. Dann wird der Dünger gestreut. Die Körner landen auf den Matten und bleiben stecken. So kann einfach und schnell die Verteilung geprüft werden. Ist die Querverteilung des Düngers gut? Oder landet auf den äußeren Matten zu viel Dünger? Die Matten werden dann fotografiert und in der dazugehörigen App abgeglichen. Ist die Querverteilung nicht optimal, werden durch die App automatisch optimierte Einstell-Empfehlungen gegeben.

Das Tool selbst gibt es schon länger. Seit dem vergangenen Jahr kann es – dank KI – jedoch auch den Unterschied zwischen Düngekörnern und Erd-klümpchen oder Pflanzenresten auf der Matte erkennen. „Dafür mussten zuerst unzählige Fotos von den unerwünschten Fremdkörpern gemacht werden, um die kameragestützte KI so anlernen zu können, dass sie nur noch die Düngerkörner zählt“, berichtet Dorina Henkelmann.

Die Agraringenieurin ist beim Hersteller Amazone für das Produktmarketing Elektronik verantwortlich. Sie erläutert: „EasyCheck ist eine gute Kontrolle. Aber wir haben weitere digitale Features entwickelt, die dabei helfen, dass der Dünger passgenau ausgebracht wird.“

Düngen heute auch bei Wind möglich

Ein wichtiges Tool ist „WindControl“. Düngerkörner sind leicht und damit windanfällig. Bei „WindControl“ erfasst ein Sensor am Düngerstreuer laufend die Windrichtung und die Windstärke. Daraus werden die Einstellungen am Streuer berechnet für die beiden Streuscheiben. Der Dünger landet so genau dort, wo er hinsoll. „Es gibt Standorte, zum Beispiel an der Küste, wo das besonders wichtig ist. Statistisch gesehen sind außerdem die Monate Februar bis Mai die windigsten, das ist genau die Streusaison“, erklärt Dorina Henkelmann.

„Mit ‚WindControl‘ gewinnt der Landwirt deutlich längere Arbeitsfenster und die immer kürzeren Düngefenster können optimal genutzt werden“, so die Fachfrau. Zur Visualisierung gibt es eine Ampel, bei Grün ist alles im grünen Bereich, bei Gelb wird trotz zunehmendem Wind noch eine perfekte Verteilung erreicht, bei Rot sind die technischen Regelgrenzen erreicht.

Dorina Henkelmann, Amazonen-Werke
Dorina Henkelmann, Amazonen-Werke

Noch ein digitaler Helfer in Sachen präziser Ausbringung ist „ArgusTwin“. Mithilfe von 14 Radarsensoren, die hinten am Düngerstreuer über den Streu-scheiben angebracht sind, wird überwacht, wie jedes Korn die Streuschaufeln verlässt. Das System greift korrigierend ein, wenn der Dünger auf Grund von Feuchtigkeit, Hangneigung oder Qualitätsänderungen abweichende Streueigenschaften hat.

Abstandsregelungen sehr präzise einhalten

Für Letzteres sind beim Düngerstreuer verschiedene Verteil-Varianten hinterlegt, die der Landwirt bequem über das Terminal in der Traktorkabine akti-vieren kann. Dorina Henkelmann: „Wir müssen zum Beispiel bestimmte Abstände zu Gewässern einhalten beim Düngen. Durch das exakte Streuen im Grenzbereich habe ich dort höhere Erträge.“

Für die präzise Düngerausbringung in Kurvenbereichen erhielt Amazone auf der letztjährigen Landtechnik-Messe Agritechnica in Hannover eine Silber-medaille. Die Medaillen werden für technische Innovationen vergeben. Das prämierte digitale Tool korrigiert beim Kurvenfahren die unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten und Schwenkbewegungen des Streuers, so dass auch in Kurven, beim Vorgewende, der Dünger exakt verteilt wird. Diese Technik soll nun in Kürze auf den Markt kommen.

Nachhaltig: Individuelle „Gebrauchsanweisung“ für jeden Dünger

Für einen nachhaltigen und umweltschonenden Ackerbau gibt es zwei wesentliche Stellschrauben: Pflanzenschutz und Düngung. Digitale Technik unterstützt den ressourcenschonenden und bedarfsgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngern.

In Deutschland sind eine Vielzahl verschiedene Dünger auf dem Markt. Sie unterscheiden sich deutlich in ihren Eigenschaften wie Körnergröße, Ge-wicht, und Oberflächenstruktur. Damit jeder Dünger optimal ausgebracht werden kann, braucht er eine individuelle „Gebrauchsanweisung“ – die auch für jeden Düngerstreuer noch einmal anders aussieht.

Der Landtechnik-Hersteller Amazone mit drei Sitzen in Niedersachsen (Osnabrück-Gaste, Bramsche und Hude) erstellt die sogenannten Streutabellen nach aufwändigen Versuchen in seiner Streuhalle am Hauptstandort Osnabrück-Gaste: „Wir testen jedes Jahr etliche Dünger, damit man für jeden einzelnen das optimale Streubild erreichen kann. Die Daten-bank ist riesig, jeder Landwirt kann sie sich anschauen und die Informationen zu seinem Dünger herunterladen“, so Dorina Henkelmann von Amazone.

Die Düngemittel-Hersteller schicken neue Dünger zur Markteinführung auch an Amazone, damit sie in der Streuhalle getestet werden können. Die ge-samte Düngerdatenbank liegt gebündelt in einer zentralen App. So hat der Landwirt stets alle Daten zur Hand.

Datenvernetzung ist ein großes Thema

Was könnte künftig noch für Landwirt Benedikt Herold interessant werden in Sachen Digitalisierung? Der Landwirt: „Wir müssen zunehmende Umwelt-auflagen und Vorgaben einhalten. Das betrifft auch die Dokumentation, welche mittlerweile innerhalb weniger Stunden erfolgen muss. Technisch wäre es möglich, für jeden Schlag die Düngung nachzuweisen und in mein Farm-Management-System einzupflegen. Das würde unsere Dokumentation vereinfachen.“ Die digitale Zukunft bleibt spannend.